Ich habe zwei neue Lieblingsbücher. Die werden euch auch gefallen. Der evangelische Pfarrer und Pädagoge Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) schrieb 1780 ein Buch mit dem Titel "Anweisung zu einer, zwar nicht vernünftigen, aber doch modischen Erziehung der Kinder". Salzmann störte sich daran, dass seine Mitmenschen sich so häufig darrüber beschwerten, dass ihre Kinder so ungezogen, zänkerisch und ohne Benimm seien. Seiner Meinung nach waren die Eltern selber Schuld daran, dass ihre Kinder so schlecht geraten seien.
Ich kann es euch nicht verdenken, wenn ihr jetzt den Eindruck habt, das sei doch wieder nur ein Eltern-Bashing. Schließlich kennen wir Werke mit ähnlichem Namen, wie das von Heinrich Keller, in denen die Autoren insbesondere auf den Müttern rumhacken und ihnen Vorwürfe machen, dass sie einfach viel zu wenig von Erziehung verstünden und nicht streng genug seien. Nicht so bei Salzmann!
In moderner Sprache ausgedrückt, ist Salzmanns Botschaft, dass die Kinder einfach nur die destruktiven Erziehungsmethoden ihrer Eltern übernehmen. Wenn die Erziehung aus Mobbing, Drohungen, Gewalt und Erniedrigung besteht, dann lernen die Kinder, sich genau so gegenüber ihren Mitmenschen zu verhalten. Wie du in den Wald hineinrufst, so schallt es heraus.
Salzmann beginnt sein Buch mit dem Hinweis, wie grausam sich Europäer*innen in den Kolonien gegenüber ihren schwarzen Mitmenschen verhalten. Er benutzt nicht das N-Wort! Er nennt sie vielmehr "schwarze Bürgerschaft" oder "Nebenmenschen". Salzmann bezeichnet es als ein Vorurteil, dass Europäer*innen mehr Rechte hätten als die "Landesbewohner". Er verurteilt zudem, dass wir nur in ihre Länder gehen, "um uns mit ihren Schätzen zu bereichern". Somit zeigt Salzmann eine klare anti-diskriminatorische Haltung. Diese überträgt er auf Kinder, indem er sagt, dass selbst bei uns zuhause eine Gruppe an Menschen unterjocht und mit "ähnlicher Fühllosigkeit" behandelt wird.
"Gleichwohl hat doch auch bey uns das Vorurtheil eine gewisse Gattung von Menschen zur völligen Unterjochung verdammet, und ihren Beherrschern eine unumschränkte Freyheit, sie nach eigenem Willkühre zu behandeln, zugestanden. Die Grausamkeiten, unter denen sie winseln, sind zahllos. So wie die ersten Christen alles Unglück, das sich im römischen Reiche ereignete, entgelten mußten, so müssen auch diese allen Verdruß empfinden, der in ihrer Vorgesetzten Häusern entstehet, ohne daß sie sich verantworten dürfen. Sie werden oft in Gesellschaften zur Beschminpfung aufgestellet, und haben keine Erlaubnis, deswegen zu klagen. Man peitschet sie, man hauet sie mit Ruthen, ohne etwas verwirket zu haben. Oft martert man sie mit langsamen Qualen zu Tode, und die mehresten ihrer empfindsamen Mitbürger hören ihr Geschrey, sehen sie peinigen, ohne hierinne etwas unbilliges zu finden.
Diese unter dem Drucke seufzende Menschenart sind die Kinder, und ihre Unterdrücker die Aeltern."
In der zweiten Ausgabe 1788 erhielt das Buch den passenderen Titel "Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder". Wer dabei an Paul Watzlawicks "Anleitung zum Unglücklichsein" denkt, liegt schon genau richtig. Die Kapitel tragen Titel wie "Mittel, Kinder gegen gute Lehren unempfindlich zu machen", "Mittel, Kindern Schadenfreude beyzubringen" oder "Mittel, Kindern frühzeitig Haß und Neid gegen ihre Geschwister einzuflößen". Salzmann zeigt anhand von Beispielen, wie und warum gängige Erziehungsmethoden falsch sind. Das Buch ließe sich leicht in die heutige Zeit übertragen. In der zweiten Auflage wurde es um einige Beispiele erweitert.
"Mittel, sich bey den Kindern verhaßt zu machen.
I. Man darf ihnen nur Unrecht thun, so wird Haß und Zorn gar bald folgen.
Das kleine Lottchen war in den Grasgarten ihres Vaters gegangen. Da war alles voll Veilchen" Hey! rief Lottchen vor Freuden aus: Da giebt es schöne Blümchen. Da will ich die ganze Schürze voll pflücken, und der Mutter ein Sträuschen winden. Geschwind kniete sie nieder, und pflückte, mit größter Emsigkeit, ihr Schürzchen voll, dann setzte sie sich unter einen Apfelbaum, ud machte das Sträuschen fertig.
Da ist es! sagte sie, nun will ich geschwinde zur lieben Mutter gehen, und es ihr bringen. Das wird eine Freude seyn! da will ich mir ein paar recht süße Mäulchen verdienen.
Um die Freude noch größer zu machen, schlich sie sich in die Küche, nahm einen porcellanenen Teller, legte das Sträuschen darauf, und nun gieng es in vollem Springen die Treppe hinauf nach der Mutter zu. Da stolperte Lottchen - fiel - und pauz, da gieng der porcellanenen Teller in hundert Stücken, und das Sträuschen flog eine ganze Strecke fort. Die Mutter, die in der Stube den Fall hörte, sprang sogleich zur Thür heraus, und da sie den zerbrochenen Teller sahe, lief sie zurück, holte eine dicke Ruthe, und, ohne sich nur mit einem Worte zu erkundigen, was sie mit dem Teller habe machen wollen, gieng sie auf das arme Kind wüthend los.
Dieses war, vor Schrecken, über den Fall, über den zerbrochenen Teller und über die Ruthe, halb tod, und konnte weiter nichts vorbringen, als liebe Mutter! liebe Mutter! Das half aber alles nichts. Du kleine Bestie! sagte die Mutter, so einen schönen Teller zu zerbrechen! und gab ihr einen derben Schilling.
Lottchen gerieth in eine ordentliche Wuth, da sie sahe, daß ihr so offenbar Unrecht geschahe. Lange konnte sie es nicht vergessen, und niemals fiel es ihr wieder ein, der Mutter ein Sträuschen zu winden."
Es wurde der zweiten Auflage außerdem ein Beiwort des Verlegers hinzugefügt, das eine Schimpftirade über Raubkopien ist. Auch das ist bemerkenswert und aufschlussreich. Es trägt die Überschrift "Nachschrift und Appellation an das ehrliebende Publikum." Es ist genauso relevant wie heute. Auch ich musste schon feststellen, dass mein geistiges Eigentum geklaut wurde und dass jemand sich an meiner Arbeit bedient hat.
Christian Gotthilf Salzmann gründete 1786 in Schnepfenthal in der Nähe von Gotha eine kleine Schule, die nach den Prinzipien des Philantropismus arbeitete. Eine seiner Töchter unterrichtete dort Naturgeschichte (und das obwohl sie bereits verheiratet war!), ein Sohn fungierte als Berater. [Quelle]. 1796 schrieb er dann mein zweites neues Lieblingsbuch.
Nachdem die "Anweisung zu einer unvernünfigen Erziehung" nämlich so erfolgreich gewesen war, und Salzmann noch diverse andere Bücher geschrieben hatte, dachte er, es wäre Zeit, den Eltern nicht nur zu beschreiben, was sie falsch machten, sondern ihnen auch zu erklären, wie sie es richtig machen konnten. Also schrieb er Conrad Kiefer, oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Kinder.
Dieses Buch ist aus der Ich-Perspektive eines Herrn Kiefer geschrieben und erzählt aus dem Leben mit seinem erstgeborenen Kind, Conrad. Es scheint durchaus biographische Züge zu haben, doch vor allem wird durch die Erzählform deutlich, wie der Vater immer wieder vor Herausvorderungen in der Erziehung seines Sohnes steht und Lösungen sucht, die dem Kind gegebüber respektvoll sind. Wir sehen hier einen Vater, der sich aktiv an der Erziehung seines Sohnes beteiligt. Oftmals setzt er sich über die Mutter hinweg, die sich weniger Gedanken zu machen scheint. Das sind die Stellen im Buch, die mir nicht gefallen, aber wir können an einem Buch von 1796 keine heutigen Maßstäbe anlegen. Allein der Umgang mit dem Kind ist absolut bemerkenswert und durchaus beziehungsorientiert.
Die Art und Weise, wie Herr Kiefer an seine Grenzen kommt, resoniert auch mit heutigen Eltern. Die Überlegungen, die er anstellt, sind seiner Zeit weit voraus. Damit ihr euch einen eigenen Eindruck von der Beziehung zwischen Vater und Sohn machen könnt, gebe ich euch hier das neunte Kapitel.
"Neuntes Kapitel. Conrad Kiefer strebt nach dem Kommando über seine Eltern, und wie es ihm gelungen ist.
Weil Conrädchen nun ein gar zu freundliches, drollichtes, Kind war: so thaten wir ihm alles, was wir ihm an den Augen ansahen. Wenn er nach etwas reichte: so bekam er es gewiß; und wenn ihm auch bisweilen etwas abgeschlagen wurde: so brauchte er nur zu schreyen, so erhielt er alles, was ich haben wollte.
Das ist ja, dachte ich, die verkehrte Welt. Sonst war es Mode, daß die Kinder den Eltern gehorchen mußten; itzo gehorchen die Eltern dem Kinde; wenn das Ding so fortgeht, und das Kind wird größer: so muß ihm ja alles zu Gebote stehen.
Ich wollte, daß alle Eltern auf die heftigen Begierden der Kinder frühzeitig Achtung gäben: so würden sie gewiß bessere Kinder bekommen. Hier versehen sie es aber gemeiniglich. Das Stammeln des kleinen Kindes ist dem Vater und der Mutter etwas neues, es klingt so artig, und gefällt. So oft es ein neues Wort stammeln kann freuet man sich und lacht darüber. Wenn es in seiner drollichten Sprache etwas verlangt: so kann man es ihm nicht abschlagen. Spricht es auch etwas albernes: so wird es doch belacht; und verlangt es auch etwas unschickliches, so schlägt man es ihm doch nicht ab. So werden die Kinder nach und nach dazu gewöhnt, daß sie in allen Stücken ihren Willen haben wollen, und alle ihre Unarten gut geheissen werden. Werden sie nun größer: so sieht man ein, daß sie sich das alles abgewöhnen müssen; es will aber nicht gehen. Die Eltern brauchen daher Zwangsmittel; das Kind wird darüber böse und trotzt; die Liebe der Eltern nimmt ab, und, ehe man es sich versieht, so ist Zank und Verdruß da, und man klagt über die Ungezogenheit der Kinder; bedenkt aber nicht, daß man durch seine Nachgiebigkeit sie selbst ungezogen gemacht habe.
Dieß alles sahe ich nun ein; wie ich es aber ändern sollte, das wußte ich nicht. Einmal lag eine Scheere auf dem Tische, das Kind reichte darnach und wollte sie haben. Nein sagte ich, Conrädchen, du mußt nicht in allen Stücken deinen Willen haben, du bekommst die Scheere nicht!
So sagte ich, und legte die Scheere etwas stark auf den Tisch.
Was that Conrädchen? der schrie, wie wenn er am Spiese stäcke. Mir lief auch die Galle über, ich gab dem Kinde ein Paar derbe Klapse auf die Hände. Hatte das Kind nicht geschrien, so schrie es es nun erst, strampelte mit den Füßen und zuckte mit den Händen, daß ich gar nicht wußte, was ich mit ihm anfangen sollte. Gut war es nur, daß seine Mutter nicht da war, sonst hätte es vielleicht noch Streit gegeben, und sie hätte wohl gar dem Kinde das Wort geredet.
Da ich nicht wußte, was ich thun sollte, legte ich das Kind auf die Erde, ließ es schreyen und trat an das Fenster. Da es sich satt geschrien hatte, nahm ich es auf, brachte es seiner Mutter und lief nun ins Feld um andere Gedanken zu bekommen.
Ich muß gestehen, daß mir alle Glieder zitterten: theil weil das Kind mich dauerte, theils, weil ich auf mich selbst böse war, daß ich nicht verstund, wie man über ein so kleines Kind Herr werden muß. In tiefen Gedanken gieng ich an meinen Weizenacker.
Da ich bald dabey war, sahe ich ein Rebhuhn mit seinen Jungen. Sobald es mich erblickte, lief es in den Weizen, lockte - husch da waren alle seine Jungen bey ihm, und kein einiges blieb zurück.
Hum! dachte ich bey mir selbst, es ist eine cuirose Welt. Das Rebhuhn, das keinen Verstand hat, in keine Schule gegangen ist, und nicht aus dem Katechismus ist examiniret worden, das versteht wie es seine Jungen regieren soll, und der Mensch, der so klug ist, und so vieles lernt, hat nicht so viel Einsicht, daß er sein Kind nach seinem Willen lenken könnte. Und es muß doch gehen! wenn dir der liebe Gott das Vermögen gegeben hat, ein Kind zu erzeugen, so hat er dir auch gewiß das Vermögen gegeben es zu erziehen.
Mit diesen Gedanken gieng ich wieder nach Hause, und überlegte, ob ich nicht ein Mittel finden könnte, mein Kind auf andere Gedanken zu bringen, wenn es etwas verlagnte, das ich ihm mit gutem Gewissen nicht geben könnte. Ich konnte aber immer nichts ausgrübeln.
Ich nahm Conrädchen wieder auf den Arm, kaum hatte ich ihn aber ein Paar Minuten gehabt: so wollte er wieder zur Mutter, und die Mutter konnte ihn doch nicht nehmen, weil sie im Hause allerley Geschäffte zu verrichten hatte. Da wurde mir angst und bange: weil ich voraus sahe, daß es wieder eben so ein Geschrey, wie vorhin, geben würde. Zum Glück trat mein Knecht und mit ihm mein Hund herein. Ich machte Conrädchen darauf aufmerksam. Conrädchen sahe nun nicht mehr auf die Mutter, sondern auf den Spitz, und war zufrieden. Meiner Frau winkte ich unterdessen mit den Augen daß sie hinaus gehen sollte; sie that es, und so war alles gut.
Aha! dachte ich, kannst du Conrädchen so kriegen: so soll es künftig schon besser gehen.
Wirklich gieng es auch besser. Ich hielt nun immer etwas in Bereitschaft, was das Kind gerne sahe, z. B. ein Bild, oder ein Thier; wann es nun schlechterdings darauf bestund, daß es etwas haben wollte, was ich ihm doch nicht geben konnte: so holte ich etwas bey, und zeigte es ihm. Da vergaß es dann das, was es haben wollte, und freuete sich über das, was ich ihm zeigete.
So lernte ich die große Kunst, die heftigen Begierden eines kleinen unverständigen Kindes zu brechen. Sie besteht darinne, daß man ihm nur gleich etwas anders zeigt, was ihm Freude macht. Darüber vergißt es das, was es verlangte, und ist zufrieden.
Aber freylich ists mit dem Zeigen allein nicht ausgerichtet. Man muß dabey Geberden machen, und eine Stimme annehmen, die das Kind glaubend machen, als wenn man ihm etwas recht wichtiges zeigen wollte. Hätte ich nur gesagt: sieh! da ist der Spitz! so hätte das Kind vielleicht fort geschrien. Ich machte es aber anders. Lachend sagte ich: "I Spitz wo kommst du denn her? willst du denn Conrädchen besuchen? sieh! da ist Conrädchen." Damit war es gut."
Conrad Kiefer, oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Kinder, Christian Gotthilf Salzmann, 1796, S.51ff
Aus Herrn Kiefers Unfähigkeit, dem Kind die Schere vorzuenthalten, ohne dass dieses in Geschrei ausbricht, entstand Wut, die er durch Schläge auf die Hand des Kindes entludt. Er erkennt seine Wut, setzt das Kind an eine sichere Stelle und entzieht sich aus der Situation, ohne das Conrad unbeaufsichtigt zu lassen. Es ist nicht in der Verfassung, ihn zu trösten, aber überlässt das Problem des schreienden Kindes auch nicht einfach seiner Frau. Er gibt ihr das Kind erst, als es sich beruhigt hat, was nicht lange dauerte. Dann geht er weg, um sich selber zu beruhigen und nachzudenken. Er erkennt, dass nicht Conrad das Problem ist, sondern sein eigener Umgang mit ihm. Dann findet er eine Lösung, mit der alle Beteiligten glücklich sind.
An anderer Stelle unterhält er sich nachts mit dem wachen Baby bis dieses wieder einschläft. Er trägt das Baby tagüber umher, um ihm alles mögliche zu zeigen. Über das Reden mit dem Kind und das Zeigen machen sich seine Mitmenschen lustig. Sie denken, das sei unsinnig, da das Baby ja noch nichts verstünde, aber Herr Kiefer lässt sich davon nicht abbringen, da er sieht, wie sein Sohn reagiert und aufblüht.
Als Conrad die ersten Zähnchen bekommt, rät eine ältere Verwandte zu Quacksalbereien, aber Herr und Frau Kiefer sind dagegen und auch Herrn Kiefers Mutter erklärt, dass man doch einfach der Natur ihren Lauf lassen solle.
Herr Kiefer ist ein liebevoller, engagierter Vater. Er spielt mit dem Kind, singt ihm vor, kriecht mit ihm auf dem Boden herum. Er kümmert sich genauso, wie die Mutter es tut, und sie sprechen gemeinsam über die Erziehung.
Nur ein Mal weiß Herr Kiefer sich nicht anders zu helfen als sein Kind zu mit einer Rute schlagen. Ein Mädchen ist zu Besuch und lässt Conrad mit seiner Puppe spielen. Nach einer Weile möchte das Mädchen seine Puppe zurück haben, aber Conrad weigert sich, sie wieder her zu geben. Die Situation eskaliert durch die Wut und Hilflosigkeit des Vaters. Danach fühlt sich schlecht damit und holt sich Rat beim Pfarrer. Dieser ihn beruhigt, dass es besser sei, Unarten ein Mal und früh hart zu bestrafen, damit das Kind sie sich nicht angewöhne. Als immer wieder ein wenig zu strafen, was dem Kind gar ncihts ausmache. Der Pfarrer rät Herrn Kiefer außerdem, sofort damit zu beginnen, dem Kind "fein oft" zu kommandieren (d.h. ihm Aufgaben geben, wie die Schuhe wegzustellen oder dem Vater die Pfeife zu bringen), damit es sich ans Gehorchen gewöhne. Herr Kiefer folgt diesem Rat und berichtet:
"Ich commandirte nun das Kind, wie mir der Herr Pfarrer gerathen hatte, und es hatte seinen guten Nutzen. Wann ich ihm in Zukunft etwas befahl: so fiel es ihm gar nicht ein, sich zu weigen; es glaubte es müsse so seyn, daß es gehorche."
Leider greift er das Thema nicht mehr auf. Er hatte das Kapitel mit der Aussage begonnen, dass er den festen Vorsatz gehabt habe, sein Kind ganz ohne Schläge zu erziehen. Und auch der Pfarrer hatte zuvor geäußert, dass er von Schlägen in der Erziehung nicht viel halte. Es wäre schön, wenn wir erfahren würden, ob hier nur einfach das beste aus einer Sache gemacht wurde, die nun einmal geschehen war, oder ob sich die Einstellung zu Schlägen geändert hatte.
Schläge als Strafe werden erst wieder aufgegriffen, als Conrads Lehrer erklärt, dass er die Schüler*innen so wenig wie möglich schlage, aber so lange diese es von zuhause noch gewöhnt seien, es unmöglich sei, völlig darauf zu verzichten. Dadurch zeigt sich, dass zumindest der Autor Salzmann die Erziehung ohne körperliche Strafen, wenn -noch- nicht für möglich, dann zumindestens für erstrebenswert hält.
Das Buch beginnt damit, wie Herr Kiefer um die Hand seiner Frau anhält. Es endet damit, dass Conrad heiratet. Der Kreis schließt sich und es fühlt sich einfach rund an. Lest die beiden Bücher, wenn ihr könnt! Es lohnt sich.