Welche feste(re) Nahrung dem Baby als erstes angeboten wurde, war abhängig von örtlichen Gepflogenheiten. Das ist nicht weiter verwunderlich. Essgewohnheiten sind bis heute im deutschsprachigen Raum unterschiedlich je nach Region. Doch die Empfehlungen in der Ratgeberliteratur waren geprägt von Ideologien und dubioser Wissenschaftlichkeit.
Je weiter wir in der Zeit zurück gehen, desto näher waren die Empfehlungen noch an dem, was einfach zu jeder Jahreszeit zur Verfügung stand.
1798
Dünner Getreidebrei aus alten Brötchen mit Wasser oder Milch (Paulitzky)
Weiße Brötchen galten als besser bekömmlich als Vollkornbrötchen.
1826
Zwieback, weißes Milchbrot, Semmel o.ä. aufgeweicht mit Fencheltee oder dünner Fleischbrühe (Jörg)
Aufgeweichter Zwieback wurde auch häufig als Alternative zur Muttermilch genutzt, wie die Geschichte der Pulvermilch zeigt.
1854
Mundsemmel oder Zwieback, in Wasser geweicht und mit etwas Milch versetzt (von Ammon)
Bisher sind die Empfehlungen noch sehr ähnlich, aber das ändert sich jetzt.
1892
Starke Fleischbrühe, gesalzen, ohne Kräuter; etwas Zucker hinein, falls das Kind sie nicht trinken will oder in die Milch mischen (Brücke)
Hier sehen wir erste stark ideologisch geprägte Empfehlungen. Heute wissen wir, dass Salz sehr schnell schädlich für Babys werden kann. Aber Fleisch und Salze galten als Kraftspender Ende des 19. Jahrhunderts.
1906
Sehr dünner Brei aus Grieß, Tapioka oder Zwieback, von der Konsistenz wie Flaschennahrung, um den Übergang für das Kind unmerklich zu gestalten (Pescatore)
Eine andere Form von Ideologie macht sich hier bemerkbar. Dem Kind wird die erste Nahrung, die nicht Milch ist, untergejubelt. Es soll nicht merken, dass es etwas anderes bekommt, um der fütternden Person das Leben leichter zu machen.
1929
Mittags eine mit Bouillon gekochte, gut entfettete Grießsuppe (Krasemann)
Auch hier wieder das Fleisch als Kraftspender. Bemerkenswert ist, dass diese Empfehlungen jeweils nach einem Krieg (1870/71 und 1914-1918) aufkamen.
Noch etwas ist bemerkenswert: auch die Tageszeit der Beikosteinführung wird nun festgelegt.
1933
Brei oder Gemüse: Spinat, Karotten, Salatgemüse, Mangold, Blumenkohl, Spargelspitzen, Kartoffelbrei, Wirsing- je nach Jahreszeit (Niemes)
Zum ersten Mal in unserer Auswahl an Ratgebern wird Gemüse als erste Beikost empfohlen!
1943
Suppe aus Fleischbrühe als Mittagessen (Planner-Wildinghof)
Es ist wieder Krieg. Die Fleischbrühe ist zurück.
1954
Mittags Karottenbrei, abends Grießbrei (Howad)
Dass zwei Mahlzeiten auf einmal ersetzt werden sollen, ist ungewöhnlich. Der für uns klassische Karottenbrei hat sich jetzt seinen festen Platz im Babymenü erobert.
1972
Grießbrei mit Gemüsewasser gekocht und Zucker und Salz zugegeben (Hofmeier, Müller, Schwidder)
Erst in den 1990ern hatte sich rumgesprochen, dass bei Babybrei weniger Zusätze besser sind.
Die Quellen sind hier zu finden: Bibliothek